Nach besinnlicher Weihnachtszeit (und dem Stress davor) kommt zum Jahresende noch ein Beitrag, der schon ein paar Wochen liegt. Ein kleiner Lobgesang auf die Freuden der körperlichen Ertüchtigung! Für mich geht’s am 02.01.18 wieder los, dann bin I mim Radel da!
Bis vor kurzem hatten wir den Luxus 2 Autos zu besitzen. An meinem 17 Jahre alten Wagen war jetzt einiges kaputt gegangen und die Reparatur hätte €1.000 gekostet. Bei einem 17 Jahre alten Auto überlegt man sich das. Wir überlegen seit 5 Monaten. Da rückte plötzlich mein lang gehegter Lastenfahrrad-Traum in greifbare Nähe! Vorher hatten wir einen Fahrrad-Anhänger, der uns nie so richtig geheuer war, weil die Kinder weit hinter uns und so tief am Boden saßen.
Seit einigen Wochen haben wir jetzt unser neues Dreirad! Es hat 2 Räder vorne anstatt 2 hinten und damit ist es fast idiotensicher! Ihr kennt es vielleicht aus Holland; diese Räder mit der Holzkiste vorne dran, in die bis zu 4 Kinder passen. Besonders toll ist, dass ich während der Fahrt immer mit den Kindern reden, lachen und schimpfen kann! Und ich kann auch immer sofort abspringen und verloren gegangene Dinge aufsammeln oder Streit im Kasten schlichten – dabei fällt das Rad nicht um oder muss erst auf den Ständer gestellt werden, wirklich praktisch!
Ich lastenradle nahezu täglich und bei jedem Wetter zur Arbeit (Herr Lampenhügel übrigens mit seinem Rad auch). Das scheint vielen Leuten bemitleidenswert, ist aber ok; wir sind gut ausgestattet und das Schlimmste ist meist die Überwindung, wenn Sauwetter ist. Bin ich erstmal draußen, ist es schon fast geschafft. Aber manchmal regnet es doch ziemlich doll; so ungemütlich ins winterlich kalte Fahrtwind-Gesicht. Da hilft auch kein nützliches Regencape mit integriertem Sonnenschutzschirmchen – das ist einfach uncool! Genau wie mein neongelber Fahrradhelm, den ich auf Anweisung hin trage! Da wünsche ich mir doch mein kaputtes Auto herbei. Den Muckligen ist das Wetter ziemlich schnuppe – sie sitzen immer gut geschützt unterm Regendach; wahlweise mit seitlich geöffneten oder geschlossenen Rolläden (oder im Sommer ganz ohne Dach!).
Und von wegen idiotensicher: Ich saß auch schon einmal im Graben; das ist ein übergeschwapptes A-Klasse-Problem. Ich war zu schnell gefahren und aus der Kurve geflogen. Ehrlich gesagt bin ich mehr ’ne rasende Luzie, denn gemütlich radelnd… (O-Ton Herr Lampenhügel: „Frau Lampenhügel, das ist doch kein Mountainbike!“) Ich hole immer das Beste aus der Karre und meinen Beinen raus; es soll ja auch Spaß machen. Mein Toptempo ist 27 km/h auf gerader Strecke, darauf bin ich stolz! Die Muckligen saßen auf der Grabenfahrt selbstverständlich nicht im Fahrzeug. Wenn sie mitfahren, fahre ich umsichtig und vorausschauend. Das muss ich auch, denn wenn ich nicht für alle anderen Verkehrsteilnehmer mit aufpasse, dann würde ich ca. 3 Mal pro Woche umgesäbelt werden! KEIN SCHERZ! Immer von Autofahren, das ist krass. Aber ich bin wachsam und meistens kein Träumerle (auch hier schimpft Herr Lampenhügel immer mit mir).
Die Spitzengeschwindigkeit schaffe ich natürlich nicht alleine: Motorisiert bin ich zwar nicht, aber akku-isiert. Das kann ich sagen ohne rot zu werden: Schließlich pedaliere ich täglich 8,5 km zur Arbeit und zurück, weiter zum Kindergarten, plus ca. 35 kg Kindergewicht usw., usw. Das geht in die Beine – das Rad alleine wiegt ja schon knapp 100 Kilo. Bisher habe ich übrigens genau kein Gramm abgenommen; eigentlich hätte ich das vermutet. Aber das sind alles neue Muskeln. Muskeloberschenkelmasse, viel Masse. Muskeln sind ja schwer.
Das Lastenradeln beinhaltet so viele Vorteile, die mich das Auto, hätte ich denn eins, glatt stehen lassen ließen:
– Für meinen Arbeitsweg brauche ich mit dem Auto oft bis zu 50 Min. wg. Stau. Mit dem Rad sind es täglich kalkulierte 23-26 Minuten, bääm!
– Ich radle durch Parks, Waldstücke, durch Nebel über den Wiesen (krawehl, krawehl), genieße die Farben und Sonnenaufgänge, Blätterregen, den normalen Regen, starken Regen…
– Ich komme immer frisch und fit zur Arbeit. Oder nass. – Das Radeln ist gesünder als in vollen Bahnen unfreiwillige Bakterien-Inhalation zu betreiben. So komme ich gut durch den Winter.
– Die Kinder spielen mit den beiden Anschnallgurten, die wir nicht benötigen, immer Kutsche. Es ist sehr vergnüglich.
– Ich kann spontan 2 Kinder mehr mitbringen, abholen, vorbeibringen.
– Alles wird langsamer. Ich meine entschleunigter; trotz sausiger 27km/h. DAS ist echter Balsam für mein Perfektionisten-Gemüt. Ich schaffe es nachmittags eben ’nur‘ zum Tanzen oder ’nur‘ zum Einkaufen und nicht schnell noch zu hmhm oder hmhmhm. Und die Kinder sind immer im Freien.
– Wir Lampenhügels leben ja oft an der Grenze der Bekloppten: Nach meiner buckligen Bauchnabelbruch-OP im Sommer durfte ich ja länger nichts tun und da es uns Lampenhügels nach Eis düngte, habe ich mich kurzerhand mit in die Kiste reingesetzt. Herr Lampenhügel kutschierte uns. DAS war spaßig! Die Leute haben gelacht; manche mit vorgehaltener Hand, manche mit uns.
Wir möbeln das Rad auch ständig weiter auf: Kaffeebecher-Halterung am Lenker, Rücksichtspiegel, verschiedene Lichterquellen in und an der Holzkiste, Sitzpolster, Laid-back- Sattel, usw. Ein schönes, dauerhaftes make it to our very own Lastenfahrrad-Projekt! Zudem lädt es auch viele andere Interessierte zu ungefragten Klettereien, Hupereien oder Herumfummeleien ein; ein guter Zeitvertreib für die Allgemeinheit.
Fazit: Es ist also ganzheitlich zu empfehlen Lastenrädlerin zu werden, auch der Umwelt zuliebe!
Und jetzt futtere ich den ganzen Rest Weihnachtskekse auf! Geht alles in die Beinmuskulatur.